
Zwischen Code und Stoff - Artūrs Skurstenis über die Kunst des digitalen Handwerks
Manchmal entstehen die spannendsten Ideen dort, wo Gegensätze aufeinanderprallen: Tradition und Technologie, Material und Algorithmus, Handwerk und Vision. Für Artūrs Skurstenis, einen 27-jährigen Masterstudenten im ersten Jahr an der Kunstakademie von Lettland, war der Makerspace ein Ort, an dem genau diese Gegensätze zu einem kreativen Ganzen verschmolzen. Hier, zwischen brummenden Maschinen, leuchtenden Bildschirmen und spontanen Gesprächen über Design, entdeckte er, wie sich digitale Prozesse und physische Materialien gegenseitig bereichern können. Der Makerspace wurde für ihn zu einer Bühne, auf der Ideen nicht nur erdacht, sondern in Stoff, Form und Bewegung umgesetzt wurden.
Artūrs, welche neuen Fähigkeiten oder Erkenntnisse haben Sie im Makerspace gewonnen - vielleicht über die rein technischen Aspekte hinaus?
Artūrs Skurstenis: Ich habe gelernt, wie man effektiv in einem interdisziplinären Umfeld arbeitet - das heißt, wie man kreative Ideen mit technischen Grenzen in Einklang bringt. Über die digitalen Fähigkeiten hinaus entwickelte ich einen stärkeren Sinn für Teamarbeit, schnelle Entscheidungsfindung und visuelle Umsetzung unter Zeitdruck. Es war faszinierend zu erleben, wie unterschiedliche Denkweisen und Disziplinen zu völlig neuen Ergebnissen führen können.
Gab es einen bestimmten Moment, der für Sie ein "Aha-Erlebnis" war?
Artūrs Skurstenis: Einer der beeindruckendsten Momente war die Erkenntnis, wie sich digitale Prozesse und handwerkliches Können gegenseitig bereichern können. Zu sehen, wie sich virtuelle Ideen plötzlich in greifbare, materielle Experimente verwandeln, hat mich zum Nachdenken darüber gebracht, dass Technologie Kreativität nicht ersetzt, sondern eher unterstützt - sie kann zu einem Werkzeug werden, das Emotionen und Ausdruck noch verstärkt.
Haben Sie im Makerspace neue Kontakte oder Verbindungen zu anderen Studierenden oder Universitäten geknüpft?
Artūrs Skurstenis: Ja, absolut. Ich habe mehrere Teilnehmer getroffen, die sich auch für experimentelles Textildesign und digitale Innovation interessieren. Unsere Diskussionen über Technologie, Materialien und Konzepte eröffneten mir neue Perspektiven. Es war inspirierend zu sehen, wie ähnliche Interessen in sehr unterschiedlichen kulturellen Kontexten praktiziert werden können.
Was war für Sie die größte persönliche Herausforderung während Ihrer Arbeit im Makerspace - und wie haben Sie sie gemeistert?
Artūrs Skurstenis: Die größte Herausforderung war es, konzentriert und ruhig zu bleiben, während ich mit technischen Problemen und Zeitdruck zu kämpfen hatte. Mein Computer stürzte wiederholt ab, was meinen Arbeitsablauf störte. Aber ich habe gelernt, flexibel zu bleiben, meine Prioritäten neu zu setzen und jede Schwierigkeit als Chance zu sehen, eine neue Lösung zu finden.
Welche Erkenntnisse haben Sie bei der Arbeit an Ihrem Avatar oder Outfit gewonnen?
Artūrs Skurstenis: Die Arbeit an meinem Avatar hat mir gezeigt, dass die digitale Darstellung weit über die reine Visualisierung hinausgeht. Ein Kleidungsstück, selbst wenn es nur simuliert ist, kann Präsenz, Intimität und Erinnerung hervorrufen. Es wird zu einer Erweiterung des physischen Körpers - eine neue Form des Ausdrucks.
Gab es einen Moment, der Sie besonders inspiriert hat?
Artūrs Skurstenis: Ja - bei der Arbeit mit der Strickmaschine Kniterate. Es war unglaublich, zu sehen, wie sich digitaler Code in echtes, greifbares Material verwandelt. Dieser Moment, in dem ein Stück Stoff aus einer Datei entsteht, fühlte sich an wie eine Idee, die zum Leben erwacht. Es hat mir gezeigt, wie Innovation und Handwerkskunst verschmelzen können, ohne dass das eine das andere verdrängt.
Mit welchen technischen Hilfsmitteln haben Sie am meisten gearbeitet - und was haben Sie daraus gelernt?
Artūrs Skurstenis: Ich habe hauptsächlich mit CLO3D, Adobe Substance und der Kniterate-Maschine gearbeitet. CLO3D half mir, Proportionen und Strukturen präzise zu gestalten, während ich mit Substance mit Texturen und Materialität experimentieren konnte. Durch Kniterate habe ich gelernt, wie digitale Konzepte in physische Textilien umgesetzt werden können - jedes Stück hat seinen eigenen Charakter.
Auf welches Ergebnis Ihrer Arbeit im Makerspace sind Sie besonders stolz?
Artūrs Skurstenis: Besonders stolz bin ich auf das große Gestrick, das ich mit der Kniterate-Maschine entworfen habe. Es wurde später die Grundlage für das Konzept der gestrickten Shorts. Für mich symbolisiert diese Arbeit das Gleichgewicht zwischen Präzision und Experimentieren, zwischen Struktur und Freiheit - es ist ein physisches Ergebnis, das den Geist meines digitalen Prozesses verkörpert.
Wie wollen Sie persönlich nach dem Makerspace weitermachen?
Artūrs Skurstenis: Ich möchte weiterhin erforschen, wie digitale Mode mit taktiler Textilforschung kombiniert werden kann. Diese Erfahrung hat mich dazu motiviert, mich intensiver mit Materialinnovationen zu beschäftigen und hybride Designmethoden zu entwickeln - Methoden, die Experiment und Konzept miteinander verbinden.
Gibt es Ideen oder Projekte, die Sie gerne weiterentwickeln würden - vielleicht auch für die Holo-Show?
Artūrs Skurstenis: Ja, ich möchte weiterhin gestrickte Strukturen im digitalen Raum erforschen - wie sie sich bewegen, verformen oder schichten können. Mich fasziniert vor allem, wie die Grenze zwischen digitalen Oberflächen und physischen Textilien verwischt werden kann. Es geht um die Verflechtung von Welten.
Was war Ihr größter persönlicher Gewinn aus Ihrer Zeit im Makerspace?
Artūrs Skurstenis: Der größte Gewinn war die Fähigkeit, flexibler zu denken - offen zu bleiben für Unsicherheit und Veränderung. Ich habe gelernt, dass Innovation durch Zusammenarbeit, Neugierde und den Mut, aus der eigenen Komfortzone herauszutreten, entsteht. Der Makerspace hat mir gezeigt, dass wahre Kreativität immer dann beginnt, wenn man das Risiko eingeht, etwas Neues auszuprobieren.



















