
Wenn Tradition auf Technologie trifft - Ein Gespräch mit Cristiano Carciani über den Makerspace 2025 in der Kulturhauptstadtregion
Im Rahmen des internationalen Makerspace-Projekts arbeiteten Studenten von elf Partneruniversitäten zwei Wochen lang an der Schnittstelle von Mode, Technologie und Handwerkskunst. Wir sprachen mit Cristiano Carciani, Direktor der Amsterdam Fashion Academy, die das Projekt unterstützt hat, über kreative Durchbrüche, interkulturelle Zusammenarbeit und die Zukunft der Mode.
Cristiano, was hat Sie am meisten beeindruckt, als Sie die Schüler während des Makerspace beobachtet haben?
Cristiano: Das Faszinierendste war zu sehen, wie schnell die Schüler in diesen zwei Wochen gewachsen sind - in ihrem Selbstvertrauen, in ihrer Kreativität, aber auch in ihrer technischen Kompetenz. Zu Beginn waren viele noch etwas zurückhaltend im Umgang mit digitalen Werkzeugen wie CLO3D, 3D-Druck oder digitaler Stickerei. Aber mit jedem Tag wurden sie mutiger und experimentierfreudiger.
Am Ende konnte man sehen, wie sie nicht mehr nur für sich allein arbeiteten, sondern disziplinübergreifend zusammenkamen, Ideen kombinierten und wirklich anspruchsvolle Projekte entwickelten - Projekte, die sofort auf einer Festivalbühne hätten präsentiert werden können.
Gab es besondere "Aha"-Momente, die Ihnen in Erinnerung geblieben sind?
Cristiano: Da gab es viele. Es war wunderbar, den Moment mitzuerleben, in dem der Funke überspringt - zum Beispiel, wenn jemand feststellt: "Ich kann mein handgestricktes Muster einscannen und es in eine 3D-gedruckte Struktur verwandeln!" Oder wenn das Laserschneiden plötzlich eine völlig neue Möglichkeit eröffnet, traditionelle Stickmuster zu interpretieren. Einige Studierende hatten auch echte Durchbrüche in CLO3D - als sie ihre digitalen Kleidungsstücke animierten und erkannten, dass sie damit ganze Geschichten erzählen können. Besonders spannend war es, wenn verschiedene Techniken aufeinandertrafen: digitales Stricken kombiniert mit lasergeschnittenen Elementen oder sogar holografischen Darstellungen. In diesen Momenten war die kreative Energie im Raum fast greifbar.
Der Makerspace brachte Studenten aus verschiedenen Ländern und Fachrichtungen zusammen. Wie hat das funktioniert?
Cristiano: Großartig, um ehrlich zu sein. Der Makerspace war ein echter Treffpunkt - nicht nur zwischen Universitäten, sondern auch zwischen Kulturen und Disziplinen. Elf Partneruniversitäten bedeuteten elf verschiedene Perspektiven auf die Mode. Anstatt dass diese Unterschiede Barrieren bildeten, wurden sie zu Quellen der Inspiration. Die Studierenden tauschten Techniken aus, erklärten sich gegenseitig ihre Arbeitsmethoden und fanden gemeinsame Ansätze, auch wenn sie aus völlig unterschiedlichen Bereichen kamen. Und das ging weit über die Workshops hinaus: Bei gemeinsamen Mahlzeiten, Ausflügen und Gesprächen wurden Freundschaften geschlossen, die sicher lange halten werden. Ich denke, das ist eines der schönsten Ergebnisse des Projekts.
Gab es Momente, die Sie persönlich überrascht oder inspiriert haben?
Cristiano: Ja, absolut. Was mich am meisten inspiriert hat, war die Art und Weise, wie die Schüler die Werkzeuge, die wir ihnen zur Verfügung gestellt haben, erweitert haben. Einige setzten den Laserschneider nicht nur technisch ein, sondern interpretierten traditionelle Muster aus ihrem kulturellen Hintergrund neu - auf eine moderne und doch sehr persönliche Art. Andere setzten CLO3D in einer Tiefe ein, die ich nicht erwartet hätte - nicht nur um Kleidung zu simulieren, sondern um Emotionen und Geschichten zu vermitteln. Dieses Zusammenspiel von kultureller Identität, Technologie und Kreativität war wirklich bewegend.
Welche Werkzeuge und Methoden wurden im Makerspace am intensivsten genutzt?
Cristiano: CLO3D war eindeutig eines der meistgenutzten Werkzeuge. Viele Studenten haben immer wieder darauf zurückgegriffen, sei es für das Design, die Animationen oder die Vorbereitung holografischer Elemente. Auch die 3D-Drucker, Scanner und Laserschneider waren ständig im Einsatz, weil sie sofort sichtbare Ergebnisse lieferten, die mit den Modedesigns kombiniert werden konnten. Besonders spannend war auch die Kombination von digitalem Sticken oder Stricken mit traditionellen Handwerkstechniken. Was mich persönlich am meisten beeindruckt hat, waren die hybriden Arbeiten - Kleidungsstücke, die verschiedene Technologien kombinierten und dennoch einen handwerklichen Ansatz verfolgten. Einige CLO3D-Animationen erreichten schließlich ein fast professionelles Niveau, was in so kurzer Zeit wirklich bemerkenswert war.
Welche Herausforderungen traten auf - und wie wurden sie gelöst?
Cristiano: Natürlich gab es einige. Technisch gesehen war es anfangs nicht einfach - einige Studenten hatten mit Softwareproblemen oder den Maschinen zu kämpfen. Aber das Tolle war: Sie haben sich gegenseitig geholfen. Peer-to-Peer-Lernen hat unglaublich gut funktioniert. Organisatorisch war es eine Herausforderung, alle Workshops und Geräte zu koordinieren. Die Rolle der Koordinatoren war entscheidend, um den Überblick zu behalten. Und kreativ? Nun, manchmal wollten die Schüler einfach alles ausprobieren - was zwar verständlich ist, aber auch zur Überforderung führen kann. Unsere täglichen Feedbackgespräche halfen, Prioritäten zu setzen und Ideen zu bündeln.
Was sollte Ihrer Meinung nach in zukünftigen Makerspaces unbedingt beibehalten werden?
Cristiano: Die Kombination aus digitaler und physischer Arbeit - das war der Kern des Erfolgs. Die Studierenden lernten nicht nur, wie digitale Simulationen erstellt werden, sondern auch, wie sie in echte Kleidungsstücke umgewandelt werden können - und umgekehrt. Das kollaborative Workshop-Format sollte unbedingt beibehalten werden. Diese offene, interaktive Atmosphäre fördert das Experimentieren und den Austausch auf Augenhöhe. Und die Holo-Show, also die holografische Präsentation, hat enormes Potenzial. Sie bringt eine ganz neue Dimension in die Modewelt, die Studierende und Publikum gleichermaßen begeistert.
Welche technischen oder didaktischen Ansätze würden Sie für die Zukunft empfehlen?
Cristiano: Ich würde mir wünschen, dass wir noch stärker auf Technologien setzen, die Handwerk und Digitalität verbinden - zum Beispiel AR- und VR-Anwendungen, Motion Capture oder KI-gestützte Designprozesse. Gleichzeitig ist es wichtig, die Verbindung zu traditionellen Methoden aufrechtzuerhalten. Denn gerade in dieser Reibung - zwischen Altem und Neuem - entsteht Innovation. In der Lehre hat sich das Workshop-Prinzip sehr bewährt, aber ich würde auch mehr Reflexionsphasen einbauen, in denen die Studierenden ihre Entscheidungen und Prozesse bewusst analysieren.
Wenn Sie an die Zukunft des Projekts denken - wo sehen Sie das größte Potenzial?
Cristiano: Auf jeden Fall in der Vernetzung. Der Makerspace schafft ein internationales Netzwerk von jungen Designern, die sich gleichermaßen für Handwerk, Technologie und Nachhaltigkeit engagieren. Es ist nicht nur ein Workshop, sondern ein Inkubator für neue Denkansätze in der Mode. Ich könnte mir gut vorstellen, das Format auszuweiten - mit noch mehr Partnerhochschulen oder Kooperationen mit der Industrie. Und natürlich hat das holografische Präsentationsformat ein enormes Potenzial. Es zeigt uns, wie Mode in Zukunft präsentiert und erlebt werden kann - nicht nur auf dem Laufsteg, sondern auch digital und immersiv.
Ihr persönliches Fazit?
Cristiano: Für mich war der Makerspace eine inspirierende Reise. Ich habe gesehen, wie sich Schüler von vorsichtigen Anfängern zu mutigen Innovatoren entwickelt haben. Diese "Aha"-Momente - wenn digitale Werkzeuge und Handwerkskunst plötzlich ineinandergreifen - waren magisch. Und für mich war die Zusammenarbeit über Kulturen, Disziplinen und Grenzen hinweg die wahre Essenz des Projekts. Der Makerspace ist mehr als ein Lernort - er ist ein Einblick in die Zukunft der Mode: durch Experimentierfreude, Offenheit und den Mut, Tradition und Technologie zu verbinden.

















